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Zur Diskussion “(Re)-Imagined - Intersektionale Zukunftsperspektiven aus den freien darstellenden Künsten”

von Paula Kreuzer

Wie divers ist die freie Szene? Im Livestream diskutierten die Schauspielerin Lara-Sophie Milagro, die Aktivistin und Dramaturgin Noa Winter, Theaterwissenschaftlerin Azadeh Sharifi und Tessa Hartig vom PAF als Moderatorin: Wo befinden sich die performativen Künste momentan und wie könnte sich die jetzige Krisensituation als Möglichkeit entpuppen, neue, intersektionale Wege einzuschlagen?

Klar ist: Um auf offene Baustellen aufmerksam zu machen, muss ein Austausch stattfinden und diejenigen mitreden können, die betroffen sind. Zu häufig passiere es, dass Geschichten repräsentativ für Menschen mit Behinderung oder of Color erzählt werden, obwohl sie selber etwas zu sagen haben. Menschen, die von Ausgrenzung nicht direkt betroffen sind, sind sich der Nachteile für Minderheiten oft nicht bewusst.

Was eine Situation wie diese deutlich macht, so Noa Winter, die mit einer chronischen Krankheit lebt: Lange wurden Dinge, die Menschen mit Behinderung einforderten, als „unrealistisch“ abgetan. Dank Corona sind alternative Formen wie zum Beispiel das Homeoffice möglich. Für Menschen mit Behinderung heißt das: „Ihr wolltet uns nie“ – das jetzt so viel möglich sei, werde als bewusste Ausgrenzung und Vernachlässigung empfunden. Azadeh Sharifi befürchtet, das Entwicklungen auf den Bühnen, die sich zunehmend kritisch mit der Kolonialität der Strukturen auseinandergesetzt hätten, durch die Pandemie erst einmal ausgebremst werden. „Corona macht eben nicht alle gleich“, sagt Lara-Sophie Milagro – weil verschiedene Gruppen von den Gefahren der Pandemie und deren beruflichen Folgen extrem unterschiedlich getroffen werden.

Zum Beispiel chronisch kranke oder behinderte Menschen: Sie können in den langsam wiederkehrenden „Alltag“ erst sehr viel später zurückkehren. Das schafft ungleiche Bedingungen in Beruf und im Sozialem – die ohnehin schon risikobelasteten Gruppen bleiben weiter auf der Strecke. Deshalb erweitert sich die Frage „Wann ist die Krise vorbei?“ in dieser Diskussion zu „Wann ist die Krise für wen vorbei?“

Andererseits sind kulturelle Ereignisse, insofern sie stattfinden, gerade so barrierefrei wie nie zuvor. Jeder Livestream kann auch per Rollstuhl betreten werden, jede Zoom-Konferenz ist besser zu erreichen als eine Spielstätte. So wird der Gedankenaustausch breiter und vielleicht auch die eine oder andere Stimme gehört, die davor untergegangen wäre.

Allerdings rücken diese Aspekte sehr langsam in die öffentliche Debatte und noch langsamer in deren unmittelbaren Fokus, wie die jahrzehntelangen Kämpfe von LGBTQ- und PoC-Communities gezeigt haben. Das Ziel, so der Konsens der Runde: Barrierefreiheit muss alle Bereiche des Lebens und der Kunst durchziehen. Für alle Akteur*innen und Betroffenen gilt es, eine Lösung zu finden, jeden Aspekt des Lebens für alle zumindest physisch, besser aber auch kulturell und geistig zugänglich zu machen.